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AUSLÖSCHEN
Eine eindrückliche Szene im Erzgebirge-Krimi des ZDF: Zwei ehemalige Grenzsoldaten wollten ihren Kameraden davon abhalten, zum gemeinsam verantworteten Tod seines Zwillingsbruder bei der Polizei auszusagen. Sie machten ihn betrunken und waren dabei, ihn in seinem Wohnzimmer aufzuhängen. Es ging nur noch darum, wer den Schemel unter seinen Füßen wegschieben würde. Plötzlich trat seine Tochter ins Zimmer. Sie sah die Szene. Sie sah ihren um Hilfe flehenden Vater hängen. Sie fühlte wieder den schlimmen Schmerz und die unsägliche Wut über diesen Gewaltmenschen, der ihre Mutter und sie immer wieder geschlagen hatte, der ihr Geld versoff. Sie ging vor, trat mit heftigem Tritt den Schemel weg und löschte damit sein Leben aus. Ich konnte diesen Tritt verstehen. Und zugleich sah ich den Schreck der Tochter nach der Tat in ihren Augen, ihre Verzweiflung über das, was sie getan hatte.
ZERBRECHEN
Ist dies nicht zutiefst menschlich? Auslöschen, zerbrechen, was einen selbst so sehr quält? Oder, übertragen, mit einem Menschen brechen, mit dem ich nichts mehr zu tun haben will, dessen Tun und Lassen ich nicht akzeptiere, dessen Meinung ich nicht mehr mittragen will, der auf die schiefe Bahn geraten ist, kriminelle Dinge tut und schließlich im Gefängnis landet.
Und wenn ich auf einmal selbst von anderen abgestempelt werde? „Die mich ohne Grund hassen, sind mehr, als ich Haare auf dem Kopf habe“, lesen wir im Psalm 69, Vers 5; und: „Ich bin fremd geworden meinen Brüdern“ (9). Da ist es im Grunde egal, ob ich nun schlecht gemacht werde oder wirklich schuldig geworden bin. Da bin ich zerbrechlich wie ein schwankendes Schilfrohr und es wird finster um mich, wenn das Licht meines Lebens, meiner Freude, meines Mutes zu flackern beginnt.
GOTT IST ANDERS
Tröstlich für mich ist, dass ich im Gott der Bibel jemand finde, der anders mit mir umgeht: Er wird uns nicht zerbrechen und unser Leben nicht auslöschen, auch wenn wir es zehnmal verdient hätten. Gott könnte auch anders. Immer wieder war er so zornig und traurig über sein Volk Israel, dass er es am liebsten vernichtet hätte. Der Gottesmann Mose ist angesichts des Goldenen Kalbs für sein Volk in die Bresche gesprungen und hat Gott besänftigen können (2. Mose 32,7-14). Der Prophet Jesaja durfte vom Knecht Gottes erzählen, der angesichts eines zerbrochenen Volkes im Exil diese Menschen nicht aufgibt. Sie sollen nicht zerbrechen, sie dürfen sich aufrichten. Sie sollen nicht verlöschen, sie dürfen das Licht ihrer Hoffnung leuchten lassen. Und schließlich haben wir in Jesus Christus einen Herrn und Heiland, der uns mit seinem Leben, seinem Sterben und seinem Auferstehen gezeigt hat: Gott lässt auch uns nicht im Stich. Aus vielen „Papyrusröhrchen“ dürfen wir sein Brief sein, der von seiner Liebe erzählt. Wir dürfen Licht der Welt sein, das die Hoffnung in dieser oft so dunklen Welt nicht erlöschen lässt.