Der Reisepastor macht Pause
Nach sieben Beauftragungen als Interimspastor, Geschäftsführer oder Seelsorger in vier asiatischen deutschsprachigen Auslandsgemeinden ist jetzt dieser Lebensabschnitt zuende gegangen. Sieben intensive arbeitsreiche Jahre haben Herta und mich herausgefordert, inspiriert und uns mit ganz unterschiedlichen Menschen zusammengebracht. Mit vielen sind wir bis heute in Verbindung. Unser Zeitplan und die Arbeit sind meist auf Hochtouren gelaufen. Das Corona Jahr 2020 / 2021 hat uns eine kleine Verschnaufpause ermöglicht. Doch sonst waren auch die zwei bis drei Sommermonate in Deutschland angefüllt mit Arbeit und Verpflichtungen, die in Deutschland aufgelaufen waren.
Jetzt ist Pause. Doch diese Pause habe ich mir etwas anders vorgestellt, als sie sich entwickelt hat. Wir waren im Sommer oft an unserem Dauerstellplatz am Pilsensee-Camping. Wir empfingen dort Besuche, vor allem erlebten wir mit Eva und Familie dort wunderschöne Urlaubstage. Doch Schmerzen im Bein im August und nach 32 Jahren ein neuer heftiger Bandscheibenvorfall, der die Nervenwurzel meines linken Fußhebers lähmte, lähmte auch alle unsere Pläne. Am 20. September Operation an der Bandscheibe in der Schön Klinik in Harlaching und nun Wiederbelebung des geschädigten Nervs.
Statt Deutschlandreise mit unserem kleinen Wohnwagen machten wir es uns am Pilsensee gemütlich. Die vielen warmen Sonnentage im September und Oktober waren wie geschaffen für eine private Reha ohne die vier Stockwerke in Moosach ohne Lift, sondern mitten im Grünen und am Wasser. Baden war zwar nichts mehr für mich mit meinen Wunden, aber dafür begleitete ich Herta an den See. Mitte Oktober war sie bei 19 Grad warmem Wasser ein letztes Mal in dieser Saison baden. Außer Schonung des Rückens, wenig heben, nicht selbst Autofahren, trainiere ich die Muskel und den Nerv meines linken großen Zehs und allmählich den ganzen Fuß mit einem elektrischen Impulsgerät, langsam steigernd bis 34 Milliampere. Für längere Spaziergänge, Arztbesuche, Physiotherapiesitzungen und Besorgungen habe ich eine Peroneusschiene angepasst bekommen. Das ist eine Orthese am linken Unterbein, die mir hilft, die Fußspitze beim Gehen oben zu behalten. So vermeide ich zu stolpern. Meine beiden Leki-Wanderstöcke verleihen mir eine weitere Sicherheit. Außerdem bringe ich auch selbst meine Zehen in Bewegung.
Die Operation und die Lähmung meines linken Fußes verlangsamten auch meinen täglichen Lebensrhythmus. Ich musste mühsam lernen, dass jetzt nicht irgendeine Gemeinde, ein Projekt im Haus, in unserer Wildnis bei Rothenburg oder die Umsetzung einer theologischen Idee Priorität hat, sondern mein geschwächter Körper. Von ihm war das an mich eine klare Ansage. Meine Lähmung hat auf diese Weise auch meinen Tagesablauf verlangsamt. Nicht mehr vier bis fünf Stunden Schlaf, sondern sechs bis sieben Stunden. Was bleibt, das ist meine morgendliche Stille Zeit und wenigstens ein paar gymnastische Übungen zum Wachwerden. Sonst viel lesen, gemütlich essen, üben, Spazierengehen, abends einen Film. Ich bin sehr zurückgezogen und fühle mich innerlich ein bisschen wie ein Einsiedler, der nicht mehr selbst eingreift, sondern die Dinge und Kontakte auf sich zukommen lässt. Für mich eine ganz neue Lebensart, die mir gut tut. Diese neue Zeit nehme ich inzwischen gerne aus Gottes Hand und bin neugierig, was er weiter mit mir vorhat. Doch zunächst habe ich gelernt: Mein Körper hat Vorrang.